Seekrankheit

Wirkmechanismen

Seekrankheit wurde wegen der vielen tausend Opfer in der Marine differenziert untersucht. Der genaue Wirkmechanismus ist bis heute nicht bekannt. Es hat aber etwas zu tun mit widersprüchlichen Informationen von Augen und Gleichgewichtsorgan an das Gehirn und dessen Auswertung.

Seekrankheit verschwindet regelmässig, wenn wieder fester Boden betreten wird, also spätestens im nächsten Hafen. Nach 1…3 Tagen hat sich der Organismus meist an das neue Umfeld gewöhnt.
Kinder zwischen 2 und 12 sind häufiger seekrank, ab 50 tritt sie immer seltener auf. 15% der Erwachsenen werden nie, 10% immer, 75% gelegentlich (z.B. zu Beginn des Törns oder bei schwerem Wetter) seekrank. AuslöserBekannt sind die Parameter, die ein Auftreten von Seekrankheit begünstigen: Alkoholgenuss während der Fahrt, aber auch schon am Vorabend, Rauchen (auch Rauchschwaden für Nichtraucher), Schlafmangel, Angst (konkrete, aber auch ängstliche Lebenshaltung), Stress durch Konflikte an Bord, Stress durch mangelndes Vertrauen in Schiff, Skipper, Crew, Stress durch körperliche Beschwerden (Hitze, Kälte, Grippe, Menstruation.

Lösungen

Daraus ergeben sich auch gleichzeitig die Lösungen: Kein Alkohol während der Fahrt, wenig Alkohol am Vorabend, Rauchen nur an Deck und konsequent in Lee, genügend Schlaf für alle (Mittagsschlaf. Wissen durch Information und Erfahrung liebevoller aufmerksamer Umgang, vertrauensvolle Offenheit, Konflikte ggf. sofort ansprechen und Lösungen finden, Schiff zuverlässig warten, Crew als Team, erfahrener Skipper gesunde Ernährung (fettarm, Kohlehydrat, zwischendurch kleine Häppchen) viel Wasser trinken (kein Kaffee, kein Schwarztee, kein Alkohol) viel Schatten (Hut, Bimini, Segel, Bekleidung, Salon) warme, trockene, nicht einengende Kleidung, angenehme Beschäftigung mit Erfolgserlebnis soziale Zuwendung. Am besten wirken Erfolgserlebnisse: ich fühle mich wohl, ich kann das Schiff steuern, ich werde gelobt, ich bin nützlich für die Gemeinschaft. Wichtig sind positive (oder wenigstens sachliche) Informationen darüber, wie das Schiff funktioniert, wie ich zum Wohlergehen jedes Einzelnen und der Gruppe beitragen kann, was ich für die gemeinsame Sicherheit tun muss, wie der Urlaub und die Reise geplant sind, wie ich Unterstützung bekomme wenn ich nicht weiter weiss, Fragen habe oder Hilfe brauche.

Als Skipper beobachte ich meine Mitfahrer immer ein bisschen. Wenn einer etwas apathisch wirkt, vielleicht ein bisschen blass um die Nase wird, oder gähnt, dann stelle ich ihn ans Steuer. Durch die Konzentration auf die Aufgabe und den Blick auf den Horizont (steuern nach Landmarken, Wolken, Sternen – nicht nach Kompass) und das Erfolgserlebnis und das Gefühl nützlich zu sein, beruhigt sich der Magen meist wieder.

Akkupressur

Sie wird nur angewendet, wenn wirklich Bedarf entsteht. Die Wirkung erzeugt man selbst, indem man sein eigenes Energiesystem anregt und harmonisiert. Die Wirkung tritt schnell ein. Nebenwirkungen gibt es keine. Drücke gleichzeitig an jeder Hand jeweils drei Fingerkuppen gegeneinander:

rechte Hand: Daumen, Zeige- und Mittelfinger
linke Hand: Daumen, Mittel- und Ringfinger
Halte den Druck mindestens 5 Minuten.

Überliefert wurde dieser Griff von Kim Da Silva.

Ingwer

Gute Erfahrungen habe ich auf dem Schiff auch mit Ingwer. Man kauft einfach auf dem Markt ein Stück frische Ingwerknolle. Auf See schneidet man sich immer wieder ein kleines Stück ab, das dann wie ein Kaubonbon langsam gekaut wird. Das steckt auch die andern in der Crew an. Bald kauen alle ihren Ingwer und sind damit glücklich. Es entsteht ein richtiges Ingwer-Gruppengefühl und Seekrankheit taucht erst gar nicht auf.
Nebenwirkungen gab es bisher keine. Wenn es einen dennoch erwischtFrühzeitig (der Magen meldet sich leise, leichtes Frösteln) Kopf aufrecht halten, einen Punkt am Horizont betrachten, ans Steuer gehen, ein interessantes Gespräch beginnen, aktiv sein.

Wenn alles nichts hilft:

Auf den Rücken legen, Sterne zählen oder Augen schliessen. oder im Salon (mittschiffs) sofort (ohne vorher ausziehen, Toilette oder so) auf den Boden legen und Augen schliessen. Pütz bereitstellen.

Super-Pep forte

Als Medikament empfehle ich „Super-Pep forte„. Es wird nur angewendet, wenn wirklich Bedarf entsteht (alle andern Medikamente müssen vorbeugend genommen werden, auch wenn erst mal gar keine Notwendigkeit besteht und vielleicht sogar auch keine Notwendigkeit entstehen würde). Am besten hast Du immer einen in der Segeljacke für alle Fälle.
Die Wirkung tritt schnell ein (5 Minuten). Schon das Kauen des Kaugummis hat eine beruhigende Wirkung. Bei Bedarf kann später ein zweiter Kaugummi genommen werden.
Nebenwirkungen: Sedierung, zentralnervöse Beschwerden (Halluzinationen), Mundtrockenheit, gastro-intestinale Störungen, allerg.Hautreaktionen
Kontraindikationen: Epilepsie, Alkoholmißbrauch, gleichz. Behandlung mit Streptomycin, Blasenentleerungsstörung mit Restharn, Engwinkelglaukom Scopoderm TTSPflaster, hinter dem Ohr aufgeklebt gibt den Wirkstoff Scopolamin während 3 Tagen ab. Nur geeignet für Segler die erwiesenermassen regelmässig seekrank werden, am Anfang des Törns. Oder bei Überführung bei schwerem Wetter.

Nebenwirkungen:
vorübergehende Mundtrockenheit (10%), verschwommenes Sehen (10%), verschwommenes Sehen verstärkt wenn Wirkstoffreste von den Händen in die Augen gelangen.
Warnhinweise: Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, Verkehrsteilnahme verboten (Auto, Schiff…), verstärkte Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens in Kombination mit Alkohol. Alkoholeinnahme vermeiden! Cave Engwinkelglaukom.

Kontraindikation:
nicht während Schwangerschaft oder Stillzeit. Nicht bei Scopolamin-Überempfindlichkeit. Nicht bei Glaucom. Nicht bei Prostataleiden. Nicht bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Nicht bei älteren Menschen. Wegen vieler weiterer Kontraindikationen vorher unbedingt immer Arzt konsultieren! In NotfällenBei schwerer Seekrankheit (restloses Erbrechen, Verlust der Selbststeuerung, Dehydrierung) helfen nur noch Darmzäpfchen: Paspertin oder MCP. Gibts auch als Tropfen (leichter anzuwenden, aber wegen Erbrechen evtl. schwieriger zu dosieren).

Kontraindikation:
Epilepsie, Kinder.
Schwere Seekrankheit ist mit Selbstmordgefahr verbunden !
Der Betroffene gehört unter ständige Beobachtung !

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